Die Krönung Wilhelms I. vor 150 Jahren

    Aus WISSEN-digital.de

    Am 18. Oktober 2011 jährt sich die Krönung Wilhelms I. zum preußischen König zum 150. Mal. Trotz der vormals reaktionären Grundhaltung des Thronfolgers war der Tag für Liberale und Konservative gleichermaßen verbunden mit großen Erwartungen: Wilhelm I. galt als Hoffnungsträger einer gemäßigten Liberalisierung. Doch schon während der Krönung kündigte sich die Ernüchterung an.

    Zwischen Reaktion und Liberalismus

    Am 22. März 1797 als zweiter Sohn Friedrich Wilhelms III. und seiner Gattin Luise geboren schlägt Wilhelm zunächst eine militärische Laufbahn ein, die vor allem durch reaktionäre Tendenzen in einer Zeit der parlamentarischen Bewegungen geprägt ist: Die Teilnahme an den Befreiungskriegen gegen Napoleon schürt seine Abneigung gegen das emanzipatorische Frankreich. 1848/49 setzt er sich für die gewaltsame Niederschlagung der Revolution ein und verschafft sich so den Beinamen "Kartätschenprinz" (Kartätsche = Schrotladung der Artillerie).

    Obwohl Wilhelm zunächst an der Spitze der Gegenrevolution mitmischt, nimmt er nach und nach jedoch eine moderatere Einstellung gegenüber den liberalistischen Tendenzen seiner Zeit ein - und wird so zum symbolischen Bindeglied zwischen autoritären und liberalen Strömungen. Als er 1857 die Regierungsgeschäfte seines psychisch kranken und kinderlosen Bruders Wilhelm IV. übernimmt, erhoffen sich Liberale und Konservative vom bevorstehenden Thronwechsel deshalb gleichermaßen einen Richtungswechsel in Preußen.

    "Neue Ära" und Ernüchterung

    Zunächst werden ihre Erwartungen erfüllt: Wilhelm I. leistet am 26. Oktober 1858 trotz dem Abraten seines Bruders den Eid auf die Verfassung und widersetzt sich später sogar dessen testamentarischer Anordnung, die Verfassung aufzuheben. Mit der Entlassung des reaktionären Kabinetts und der Berufung des liberal-konservativen Ministeriums von Karl-Anton von Hohenzollern-Sigmaringen läutet er 1858 dann die sogenannte "Neue Ära" ein.

    Allein schon die Tatsache, vor allem aber der Verlauf der zeremoniellen Krönung Wilhelms sollten dem anfänglichen reformatorischen Enthusiasmus jedoch einen gehörigen Dämpfer versetzen. Nach dem Tod seines Bruders, am 18. Oktober 1861, setzt sich Wilhelm in der Königsberger Schlosskirche im Alter von 65 Jahren in einem pompösen Staatsakt die Krone aufs Haupt.

    Die feierliche Zeremonie war dabei keinesfalls gängig. Es war die erste preußische Krönung seit 1701 und die einzige deutsche Königskrönung im 19. Jahrhundert. Zustande kam sie als Kompromiss zwischen Wilhelm und dem Kabinett. Der König hatte zunächst auf einer Erbhuldigung der Stände bestanden, in der der liberale Flügel jedoch einen Verstoß gegen die Verfassung sah. Man traf sich in der Mitte und vereinbarte den Verzicht auf die Erbhuldigung, im Gegenzug aber die Durchführung der sowieso traditionslosen feierlichen Krönung.

    Noch während der Feierlichkeiten allerdings zeigt Wilhelm sehr deutlich, dass er zu Kompromissen auf lange Sicht nicht gewillt sein würde: In Reden und Gesten gibt er zu verstehen, dass er ein zuvor mit dem Kabinett verabredetes Provisorium in Heeresfragen eigenmächtig zur Tatsache erklärt hatte.

    Der Heereskonflikt wurde im Folgenden zur paradigmatischen Verfassungsfrage und die Machtkämpfe zwischen König und Parlament immer unversöhnlicher. Mit der Einsetzung Otto von Bismarcks als Ministerpräsident 1862 war die Richtung des späteren deutschen Kaisers dann endgültig besiegelt.

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