Belgien Geschichte

    Aus WISSEN-digital.de

    Anfänge

    Etwa im 6. Jh. v.Chr. wanderten keltische und germanische Stämme in das Gebiet des heutigen Belgien ein, die von den Römern in den so genannten Gallischen Kriegen bis 51 v.Chr. unterworfen wurden. Das Gebiet gehörte zusammen mit den heutigen Niederlanden und Teilen Frankreichs und Deutschlands zur römischen Provinz "Gallia Belgica". Nach der Herrschaft der Römer gehörte das Gebiet zum großen fränkischen Reich, in dem es eine bedeutende Position einnahm. Schon damals gab es eine deutliche sprachliche Trennung zwischen den Wallonen im Süden des Landes und den in die nördlichen Gebiete (Flandern) eingewanderten fränkischen Saliern.

    Mittelalter

    Nach der Aufteilung des fränkischen Reiches im 9. Jh. wurde Belgien entlang der Schelde geteilt, wobei der größere östliche Teil des Landes an das Ostfränkische und der kleinere westliche Teil an das Westfränkische Reich fiel.

    Es entstanden eine Reihe von regionalen Machtzentren, bei denen sich vor allem die Grafschaft Flandern und das Herzogtum Brabant durch ihren lukrativen Handel mit Tuch und Textilien hervortaten. In der zweiten Hälfte des 14. Jh.s kam Flandern unter die Herrschaft des Burgunders Herzog Philipp des Kühnen. Die Städte Flanderns und Brabants wurden durch ihren Wohlstand politische, kulturelle und wirtschaftliche Zentren Burgunds (Burgundisches Zwischenreich). 1477 fielen die Gebiete (ebenso wie die benachbarten Niederlande) nach dem Tode Karls des Kühnen an die Habsburger.

    3. Neuzeit

    Als sich der Machtbereich der Habsburger Mitte des 16. Jh.s in eine österreichische und eine spanische Linie aufteilte, fiel Belgien (zusammen mit Luxemburg, Teilen Nordwestfrankreichs und den Niederlanden) an den spanischen König Philipp II. Durch die Unabhängigkeit der Vereinigten Niederlande bildete sich die Nordgrenze des heutigen Belgiens heraus.

    Nach dem Erlöschen der spanischen Linie der Habsburger meldete der französische König Ludwig XIV. Ansprüche auf die Gebiete an. Nach den Spanischen Erbfolgekriegen (1701-1713/14) fielen die belgischen Gebiete an die österreichischen Habsburger. Es entstand die (noch heutige) Grenze zwischen Belgien und Frankreich. Ende des 18. Jahrhunderts kam es unter den Einflüssen der französischen Revolution zu einem Aufstand der Belgier gegen die habsburgische Herrschaft (Brabanter Revolution 1790), die mit einer Besetzung der belgischen Gebiete durch französische Truppen endete. 1815 war das belgische Waterloo (in der Nähe Brüssels gelegen) Ort der Niederlage von Napoleon Bonaparte und seinen Armeen gegen die Truppen der Österreicher, Preußen und Engländer. Durch die Beschlüsse des Wiener Kongresses (1814/15) wurden die belgischen Gebiete gemeinsam mit den Niederlanden zum Königreich der Vereinigten Niederlande zusammengefasst.

    Die Konflikte zwischen den überwiegend katholischen belgischen Gebieten und dem protestantischen Norden führten zu zahlreichen Unruhen und Aufständen, die 1830 in einem großen Aufstand in Brüssel gegen die Vorherrschaft der Niederlanden mündete. Noch im gleichen Jahr spaltete sich Belgien von den Niederlanden ab und wurde unter König Leopold I. von Sachsen-Coburg ein unabhängiges Königreich mit einer liberalen Verfassung und einem Nationalkongress. Wahlberechtigt waren zunächst nur ein Teil der wohlhabenden Bevölkerung des Landes (Einführung des allgemeinen Wahlrechts auch für Frauen 1907). Die europäischen Großmächte erkannten den neuen Staat an (Londoner Konferenz 1830, Londoner Protokoll 1839) und wiesen ihm einen neutralen Status zu.

    Die Industrialisierung schritt im 19. Jh. in Belgien rasch voran, besonders in den wallonischen Gebieten im Süden des Landes, wo sich die Schwerindustrie entwickelte. Demgegenüber verlor die Textilindustrie in Flandern an Bedeutung. Das Ungleichgewicht zwischen Süd und Nord ließ erneut den Sprachenstreit zwischen den beiden Landesteilen aufbrechen, in dem die Flamen aus dem Norden um die Anerkennung ihrer Sprache neben dem Französischen kämpften. 1898 wurde das Flämische in den entsprechenden Gebieten als Amts-, Gerichts- und Schulsprache anerkannt.

    4. Kolonialismus

    Ende der 70er Jahre des 19. Jh.s wurde Belgien bzw. der belgische König Leopold II. in der Kolonialpolitik aktiv: Er nahm Gebiete entlang des Flusses Kongo (in der heutigen Demokratischen Republik Kongo) in Besitz, in denen entsprechende Schutzverträge mit den ansässigen Stämmen geschlossen worden waren. Mit beispielloser Rücksichtslosigkeit wurden die dort vorhandenen Bodenschätze mit schwarzen Zwangsarbeitern in den nächsten Jahrzehnten ausgebeutet. 1885 wurde das Gebiet der heutigen Demokratischen Republik Kongo auf der Berliner "Kongo-Konferenz" von den konkurrierenden europäischen Großmächten als Staat im persönlichen Besitz des belgischen Königs anerkannt. Nachdem 1908 die schlechte Behandlung der schwarzen Zwangsarbeiter im Kongo zu einem internationalen Skandal führte, übernahm das belgische Parlament die Verwaltung der Kolonie. 1909 wurde der Neffe König Leopolds II., Albert I., neuer Regent von Belgien.

    Erster und Zweiter Weltkrieg

    Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde das Land trotz seines neutralen Status von deutschen Truppen besetzt, nachdem sich der belgische König geweigert hatte, deutsche Truppen in Richtung Frankreich durch das Land marschieren zu lassen. Nach der Besetzung flohen die belgische Regierung und der König in die französische Stadt Le Havre, von wo aus sie sich an den Aktionen der Alliierten beteiligten. Nach dem Ende des Krieges 1918 fielen die ehemals deutschen Kolonialgebiete (Ruanda-Urundi, heute: Ruanda, Burundi) an Belgien, ebenso die deutschen Gebiete Eupen, Malmédy und Sankt Vith. Auch im Zweiten Weltkrieg wurde Belgien erneut von den Truppen der deutschen Wehrmacht besetzt (1936 hatte das Land erneut seinen neutralen Status bekräftigt). Diesmal verblieb der belgische König Leopold III., der Sohn Alberts I., im Land und kapitulierte vor den Besatzern. Die Regierung aber floh erneut, diesmal nach London. Belgien wurde wieder unter eine deutsche Militärverwaltung gestellt. Innerhalb der belgischen Bevölkerung gab es verschiedene Gruppen, die mit den deutschen Nationalsozialisten kooperierten, dazu gehörten flämische Nationalisten und eine faschistisch orientierte Bewegung unter Léon Degrelle, einem Wallonen. Nach der Befreiung des Landes im September 1944 wurde dem belgische König durch die wiedergekehrte Exil-Regierung vorgeworfen, er habe sich nicht am Widerstand gegen die Deutschen beteiligt. Zahllose Belgier wurden vor Gericht gestellt und der Kollaboration angeklagt.

    Nachkriegszeit

    Noch im gleichen Jahr gründete Belgien zusammen mit den Niederlanden und Luxemburg eine Zollunion, die 1958 in der Wirtschaftsunion der Benelux-Staaten seine Fortführung fand. Im Juni 1945 gehörte das Land zu den Gründungsmitgliedern der UNO. Belgien gab nach dem Zweiten Weltkrieg seine Neutralität auf zugunsten eines Beitritts zum Brüsseler Pakt 1948 und zur NATO 1949. Zwischen 1960 und 1962 wurden die ehemaligen belgischen Kolonien Kongo, Ruanda und Burundi in die Unabhängigkeit entlassen.

    1950 war Baudouin neuer Regent Belgiens geworden, nachdem Leopold III. zum Abdanken gezwungen worden war. Der neue König bemühte sich um eine Entschärfung des nach wie vor schwelenden Sprachenkonflikts. 1963 wurde per Gesetz eine Neueinteilung der Sprachgebiete verfügt: Im Norden sollte es eine flämische, im Süden eine wallonische und im Osten eine deutsche Sprachregion geben. Die Hauptstadt Brüssel hatte einen Sonderstatus. Doch auch in der Folgezeit führten die Streitigkeiten zwischen Wallonen und Flamen zu häufigen Regierungswechseln. 1980 erhielten die Regionen Flandern, Wallonien und Brüssel eigene Regionalparlamente mit Entscheidungsgewalt in den Bereichen Wirtschaft und Kultur, vier Jahre später wurde dies auch der deutschsprachigen Minderheit im Osten des Landes zugestanden. 1993 wurde Belgien endgültig zu einem föderalistisch strukturierten Bundesstaat mit drei autonomen Regionen (Flandern, Wallonien, Brüssel-Hauptstadt) umgewandelt. Zugunsten der Regionalparlamente wurden die Kompetenzen auf Bundesebene beschränkt. Im gleichen Jahr wurde Albert II. neuer belgischer König. Ebenfalls 1993 zog das Europäische Parlament in den extra dafür hergestellten Neubau in Brüssel ein.

    Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben die wechselnden belgischen Regierungen einen strikten Europa-Kurs eingehalten, das Land ist maßgeblich an der Entstehung der verschiedenen europäischen Verträge beteiligt.

    Kalenderblatt - 18. April

    1521 Martin Luther erscheint zum zweiten Mal vor dem Wormser Parteitag, verteidigt sich vor Kaiser und Reich und lehnt den Widerruf ab.
    1951 Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, Italien, die Niederlande, Belgien und Luxemburg schließen ihre Kohle- und Stahlindustrie in der Montanunion zusammen und verzichten auf ihre nationalen Souveränitätsrechte über diese Industriezweige.
    1968 Die tschechoslowakische Nationalversammlung wählt Josef Smrkovský zu ihrem neuen Präsidenten, der als einer der populärsten Politiker des "Prager Frühlings" die volle Rehabilitierung der Opfer der Stalinzeit und die Sicherung eines wirklich freien politischen Lebens zu seiner Aufgabe erklärt.